Der Copernicus Marine Service nutzt Satellitenüberwachung und künstliche Intelligenz, um anhand der Färbung des Ozeans seine Beschaffenheit zu analysieren. Die Technologie hilft beim Ermitteln von Algenbefall und beim Aufspüren von Fischpopulationen
Der Copernicus Marine Service (CMEMS), der von Mercator Ocean International im Auftrag der Europäischen Kommission implementiert wird, nutzt künstliche Intelligenz, um die Beschaffenheit des Ozeans anhand seiner Färbung zu überwachen. Diese wegweisende Technologie basiert auf Messdaten von Satelliten, die die Farbe des Ozeans zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort ermitteln. Die neuronalen KI-Netzwerke des Copernicus Marine Ocean Colour Thematic Assembly Centre (OC TAC) leiten daraus Informationen zu zwei bestimmten Aspekten ab. Das erste Datenprodukt schätzt die Konzentration des Phytoplankton-Chlorophylls im Wasser, welches Einfluss auf die Ozeanfarbe hat. Das zweite, OPTICS, nimmt alle weiteren Variablen auf, die mit den Sensoren zum Erfassen der Ozeanfarbe gewonnen werden können, vor allem in Zusammenhang mit Licht und Transparenz. OPTICS analysiert die Daten der Satellitensensoren und identifiziert dabei die Streuung und Absorbierung des Lichts, die Lichtdurchlässigkeit des Wassers, gelöste organische Stoffe und Schwebstoffe.
Der Copernicus Marine Service nutzt die neuronalen KI-Netzwerke zudem für drei seiner eigenen Produkte, eines für das Schwarze Meer und zwei für die Ostsee. Alle drei sammeln Informationen über Chlorophyllkonzentrationen und die Messwerte von OPTICS. Unter anderem werden sie dazu genutzt, schädlichen Algenbefall zu überwachen. So unterstützt die KI-Technologie Küstengebiete in verschiedenen Sektoren, wie Tourismus, Fischerei und Wassermanagement, sowie bei der Umsetzung nationaler Vorgaben.
Eine Branche, die die OC TAC Chlorophyll-Daten zu ihrem Vorteil nutzt, ist die Fischereiindustrie. Sie bestimmt basierend auf den Informationen, wohin sie ihre Flotten schicken soll: Denn wo es mehr Chlorophyll gibt, ist tendenziell auch das Fischaufkommen höher. Die selben Daten nutzt auch die Aquakulturindustrie für die Standortplanung ihrer Infrastruktur in Küstengewässern und Schelfmeeren.
Die Ozeanfarbe gibt Wissenschaftlern wichtige Hinweise auf den Zustand der Ozeane und ihre geografischen und physikalischen Unterschiede. Die Färbung in Küstengebieten ist in der Regel brauner, was auf Ablagerungen von festen Materialien durch Flüsse zurückzuführen ist, während das Wasser weiter draußen tendenziell blauer erscheint. Die trainierten neuronalen KI-Netzwerke des OC TAC können dies mit in Betracht ziehen und ihre Algorithmen anpassen, um ihre Analysen zu verbessern.
“OC TAC hilft uns, genauere Daten über die europäischen Meere zu sammeln und ihre Eigenschaften besser zu verstehen”, erklärt Vittorio Brando, Research Director beim Nationalen Forschungsrat Italien (CNR), welches die Entwicklung von OC TAC für den Copernicus Marine Service leitet. “Das Mittelmeer zum Beispiel ist blau, aber ein anderes Blau als der Atlantische Ozean. Das liegt an den unterschiedlichen Mengen fester und gelöster Partikel im Wasser. Durch die Anwendung spezifischer Algorithmen, die dank OC TAC auf die Besonderheiten jeder Region eingehen, sind wir in der Lage, unsere wichtige Meeresforschung noch genauer betreiben zu können. Gleichzeitig können wir bestimmte Gemeinden in Küstengebieten mitsamt ihrer Fischerei- und Aquakultursektoren unterstützen. Dies ist nur das erste von vielen Möglichkeiten, die wir basierend auf der Analyse der optischen Eigenschaften des Ozeans entwickeln.”
Der Copernicus Marine Service oder Copernicus-Meeresumweltüberwachungsdienst (Copernicus Marine Environment Monitoring Service, CMEMS) widmet sich der Beobachtung und Überwachung von Ozeanen sowie Vorhersagen in diesem Bereich. Er wird von der Europäischen Kommission finanziert und von Mercator Ocean International, dem Zentrum für globale Ozeananalysen und -vorhersagen, implementiert. Der Copernicus Marine Service liefert regelmäßig systematische Referenzinformationen über den Zustand des physikalischen und biogeochemischen Ozeans auf globaler und europäischer Ebene. Er bietet zudem Informationen für EU-weite und internationale Richtlinien und Initiativen und trägt bei zur Bekämpfung der Umweltverschmutzung, zum Meeresschutz, der Sicherheit im Seeverkehr und Routenplanung, für eine nachhaltige Nutzung von Meeresressourcen, zur Entwicklung der Nutzung von Meeresenergie, dem Wachstum maritimer Industrie, zur Klimaüberwachung, Wettervorhersagen und mehr. Darüber hinaus soll das Bewusstsein der Öffentlichkeit in Europa und weltweit zu meeresbezogenen Themen gestärkt werden.
Mercator Ocean International implementiert für die Europäischen Kommission seit 2014 den Copernicus Marine Service. Mercator Ocean International ist eine Non-Profit-Organisation mit Sitz in Frankreich, die ozeanografische Produkte der globalen Ozeane anbietet. Die Wissenschaftler:innen von Mercator Ocean entwickeln und betreiben hochmoderne Computermodelle, die die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft unserer Ozeane in 4D beschreiben und analysieren (Reanalysen, Hindcasts, sowie Analysen und Vorhersagen in nahezu Echtzeit). Mercator Ocean ist zudem eine von drei Organisationen, die im Auftrag der Europäischen Kommission die Copernicus WEkEO DIAS Cloud Computing Plattform implementiert.