Das Forschungsprojekt ENSURE soll Deutschlands Stromnetz für die Energiewende wappnen – jetzt sind erste Einzelprojekte für mehr Grünstrom im Kreis Steinburg geplant.
Das Energiewendeprojekt ENSURE (Neue EnergieNetzStruktURen für die Energiewende), gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, ist – unter anderem im Kreis Steinburg – in seine heiße Phase eingetreten. “Wir gehen mit diesem Forschungsprojekt die Hauptherausforderung der Erneuerbaren Energien an: die schwankende Einspeisung und noch direktere Nutzung aus Wind und Sonne. Bei einem erfolgreichen Test sollen die Pilotanlagen Schleswig-Holstein-weit und später deutschlandweit zum Einsatz kommen können”, erläutert Jan Hansen, Leiter Operative Netzsteuerung und Prozessdatentechnik bei Schleswig-Holstein Netz und ergänzt: “Im besten Fall können wir mit den Innovationen, die in unserem Netz getestet werden, das Abregeln der EEG-Anlagen in Zukunft weitestgehend verhindern, da das Netz deutlich flexibler wird. Ein entscheidender Schritt für das Gelingen der Energiewende.”
Ziel des Projekts ist es, Technologien für das Stromnetz der Zukunft sowie ihr Zusammenspiel zu testen und zu simulieren. Dabei steht im Mittelpunkt, die Flexibilität der Netzstrukturen zu erhöhen, um die Einspeisung Erneuerbarer Energien zu erleichtern. “Ziel aller Pilottests ist es, ausgewählte innovative Lösungen zu erproben oder zu simulieren, die bislang kaum oder gar nicht zum Einsatz kamen – um mehr grünen Strom aufzunehmen und die Netze effektiver nutzen zu können”, erläutert Dr. Malte Posewang, ENSURE-Projektleiter bei Schleswig-Holstein Netz.
Die 21 ENSURE-Projektpartner untersuchen aktuell fünf Pilotanlagen – für drei davon besteht die Möglichkeit, diese direkt im Kreis Steinburg zu installieren, eventuell ergänzt durch ein Pilotprojekt im Netzgebiet der Stadtwerke Kiel. Derzeit wird geprüft, an welchen Standorten die Pilottests durchgeführt werden könnten oder ob sie alternativ digital simuliert werden. Für die nun laufende Phase steht dem Konsortium aus Netzbetreibern, Industrie, Wissenschaft und Zivilgesellschaft ein Forschungsbudget in Höhe von 30 Millionen Euro zur Verfügung.
Erstmalig soll an verschiedenen Knotenpunkten im Stromnetz der sogenannte Adaptivschutz installiert werden. Solche Systeme schalten normalerweise bei einer Störung den Strom automatisch in Sekundenbruchteilen ab. Die neuen Systeme können – anders als ihre Vorgänger – flexibler auf die schwankende Einspeisung Erneuerbarer Energien reagieren. “Vergleichbar mit dem Elektronischen Stabilitäts-Programm beim Auto wird das Stromnetz dadurch flexibler, sodass es mehr grünen Strom aufnehmen kann”, so Jan Hansen.
Als zweite Pilotanlage ist ein sogenannter Solid-State-Transformer geplant, mit dem mehr grün erzeugter Strom zum Verbraucher kommt. Die neue Technik: EEG-Anlagen produzieren Gleichstrom, das Stromnetz funktioniert mit Wechselstrom, während Elektroautos wiederum Gleichstrom benötigen. Der Solid-State-Transformer verfügt daher über einen integrierten Umrichter, sodass entsprechende Anlagen oder Elektro-Autos mit weniger Netzverlusten direkt an das Netz angeschlossen werden können. “Wir bringen die Sonne so direkt und ohne Umwege in den Tank der E-Autos”, erläutert Dr. Malte Posewang.
Um den grünen Strom effizienter zum Verbraucher zu bringen, wird als dritte Pilotanlage die MVDC-Kurzkupplung (MVDC = Mittelspannungsgleichstrom) erforscht und simuliert. Malte Posewang: “Mit dieser Technik möchten wir erforschen, wie Überschüsse aus Grünstrom leichter zwischen einzelnen Teilnetzen ausgeglichen werden können. Der Strom kann damit noch effizienter von der Erzeugungsregion zum Verbraucher gebracht werden.” Die Teilnetze könnten dennoch weiter unabhängig betrieben werden, so dass das bewährte Betriebskonzept erhalten bleibt.
Im Energiekosmos ENSURE werden darüber hinaus Vermaschungskonzepte untersucht, um die Transportkapazität durch dynamische Änderung der Netzstruktur zu erhöhen. Dies wird mitunter notwendig, wenn sehr viele EEG-Anlagen in das Netz einspeisen oder beispielsweise sehr viele Elektro-Autos zur gleichen Zeit geladen werden. So können die Investitionskosten in das Netz gesenkt werden, da größtenteils die bereits bestehende Infrastruktur genutzt wird.
Als Knotenpunkt im Energieversorgungsnetz sind Umspannwerke im Rahmen der Energiewende besonders gefragt. Im Pilotprojekt Digitales Umspannwerk untersucht der Energiekosmos ENSURE, wie moderne Kommunikationstechnik die Umspannwerke schlauer und flexibler im Umgang mit Erneuerbaren Energien und das Stromnetz somit flexibler machen kann.
Das Projekt ENSURE ist Teil der Kopernikus-Projekte des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Es entwickelt zentrale Bausteine für das Stromnetz der Zukunft. Zudem entwirft und testet ENSURE ein Gesamtkonzept für Stromnetze als Rückgrat der Energieversorgung. Die Konzepte aus ENSURE sollen auf ganz Deutschland übertragbar sein. Dazu analysiert ENSURE zunächst, welche Anforderungen Netze bis 2050 erfüllen müssen. Anschließend werden Lösungen entwickelt, mit denen sich diese Anforderungen erfüllen lassen.
Im Projekt arbeiten 21 Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft zusammen: Schleswig-Holstein Netz AG, TenneT TSO GmbH, SW Kiel Netz GmbH, Hitachi ABB Power Grids Ltd , Siemens AG, Maschinenfabrik Reinhausen GmbH, Deutsche Umwelthilfe e. V., Germanwatch e.V., RWTH Aachen University, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Bergische Universität Wuppertal, Technische Universität Dortmund, Technische Universität Ilmenau, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Fachhochschule Westküste, Öko-Institut e.V., FGH e.V., EWI an der Uni zu Köln gGmbH, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, DVGW, OFFIS e.V..
Die Kopernikus-Projekte bilden eine der größten deutschen Forschungsinitiativen zum Thema Energiewende. Ihr Ziel ist es, eine saubere, sichere und bezahlbare Stromversorgung zu ermöglichen. Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) entwickeln sie ganzheitliche Lösungen zum Erreichen der Klimaziele: In allen Projekten arbeiten Vertreter aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft zusammen. Über zehn Jahre erarbeiten sie klimafreundliche Lösungen bis zur Anwendbarkeit im industriellen Maßstab.
Die SWKiel Netz GmbH ist zuständig für die sichere und zuverlässige Versorgung mit Strom, Gas, Wasser und Fernwärme in Kiel und den angrenzenden Gemeinden. Als 100%ige Tochtergesellschaft der Stadtwerke Kiel AG übernimmt die SWKiel Netz GmbH den Betrieb, Planung, Bau und Instandhaltung der Verteilungsnetze und -anlagen aller Energiesparten und sorgt somit für die bewährte netztechnische Verfügbarkeit.
Hierfür nehmen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der SWKiel Netz GmbH netzwirtschaftliche und regulatorische Aufgaben sowie das Konzessionsmanagement wahr und sind somit Ansprechpartner für Strom- und Gaslieferanten, Behörden und Kommunen. Darüber hinaus gewährleistet die Gesellschaft eine 24/7-Erreichbarkeit der Netzleitstellen und die umgehende Störungsbeseitigung im Falle einer Versorgungsunterbrechung.
Dank der langjährigen Erfahrung und Kompetenz wird die SWKiel Netz GmbH die hohe Versorgungssicherheit auch zukünftig erhalten und weiter ausbauen.
TenneT ist ein führender europäischer Netzbetreiber. Wir setzen uns für eine sichere und zuverlässige Stromversorgung ein – 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr. Wir gestalten die Energiewende mit – für eine nachhaltige, zuverlässige und bezahlbare Energiezukunft. Als erster grenzüberschreitender Übertragungsnetzbetreiber planen, bauen und betreiben wir ein fast 24.000 km langes Hoch- und Höchstspannungsnetz in den Niederlanden und großen Teilen Deutschlands und ermöglichen mit unseren 16 Interkonnektoren zu Nachbarländern den europäischen Energiemarkt. Mit einem Umsatz von 4,5 Mrd. Euro und einer Bilanzsumme von 27 Mrd. Euro sind wir einer der größten Investoren in nationale und internationale Stromnetze, an Land und auf See. Jeden Tag geben unsere 5.700 Mitarbeiter ihr Bestes und sorgen im Sinne unserer Kernwerte Verantwortung, Mut und Vernetzung dafür, dass sich mehr als 42 Millionen Endverbraucher auf eine stabile Stromversorgung verlassen können.
Die Schleswig-Holstein Netz AG (SH Netz) betreibt für rund 2,8 Millionen direkt oder indirekt angeschlossene Kunden Strom- und Gasleitungen in mehr als 900 Kommunen in Schleswig-Holstein. Über 400 schleswig-holsteinische Kommunen halten Anteile an SH Netz. Sie haben umfangreiche Mitspracherechte und erhalten eine Garantiedividende. Das Unternehmen beschäftigt ca. 1.400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an vielen Standorten in Schleswig-Holstein.
SH Netz hat als Partner der Energiewende bereits zehntausende Windräder und Solaranlagen an das Stromnetz angeschlossen. Darüber hinaus entwickelt das Unternehmen Energielösungen, wie Smart-City-Anwendungen und unterstützt den Ausbau der Elektromobilität. SH Netz engagiert sich in Innovationsprojekten für mehr Klimaschutz. Dazu gehören beispielsweise Einspeiseanlagen, mit denen Biogas- oder aus Windstrom produzierter Wasserstoff ins Erdgasnetz aufgenommen werden kann, oder staatlich geförderte Forschungsprojekte.
Bis 2030 wird SH Netz klimaneutral sein: Dazu wird sie ihre 25 Standorte, über 600 Fahrzeuge sowie den Strom- und Gasnetzbetrieb in mehreren Stufen bis 2030 auf Klimaneutralität umstellen. Außerdem unterstützt das Unternehmen seit vielen Jahren den regionalen Spitzen- und Breitensport in Schleswig-Holstein, zum Beispiel das härteste Ruderrennen der Welt auf dem Nord-Ostsee-Kanal.