Gülle und Dünger – ein leidiges Thema der traditionellen Landwirtschaft – wie Indoor-Farming die Welt zu einem besseren Ort machen kann, von Jörg Trübl, CEO der MABEWO AG, Schweiz
Gülle – die Konnotation ist einfach. Die erste Wahrnehmung eines jeden, der sich raus aus der Stadt aufs Land begibt, ist ein Geruch, der das Landgefühl projiziert, weite Wiesen-, Weiden-, Anbauflächen und pure Idylle.
Die Optimierung der landwirtschaftlichen Erträge durch den Einsatz von Dünger ist ein zweischneidiges Schwert. Die Landwirtschaft verdankt den Produktivitätsgewinn der letzten Jahrhunderte einigen wichtigen Treibern der Landtechnik, wie Traktoren, Bodenbearbeitungs-/ Aussaatmaschinen, technischen Geräten und der automatisierten flächendeckenden Düngung. Dünger und Gülle hinterlassen Nachteile. Ein übermäßiges Ausbringen von Stickstoffdünger und Gülle kann zu negativen Auswirkungen, also Umweltproblemen, führen; sei es im landwirtschaftlich genutzten Boden oder in den Gewässern und Wasserkreisläufen. Wissenschaftlich fundierte Kenntnisse verfolgen das Ziel, die Nachteile abzufedern, um einen gesunden landwirtschaftlichen Kreislauf zu ermöglichen.
Das Projekt “Karbondünger aus phosphorreichen Wirtschaftsdüngern durch Karbonisierung mit Stickstoffrückgewinnung” soll im Rahmen des Programms zur Innovationsförderung um weitere zwölf Monate bis zum 31. Dezember 2021 fortgeführt werden. Zweck des Projektes ist, einen kohlenstoffhaltigen Stickstoff-Phosphor-Dünger herzustellen, so die Bundesregierung auf eine Anfrage zu dieser Subvention im Agrartechnologie-Sektor.
Eines der großen Probleme der industriellen Massentierhaltung ist das viel zu hohe Gülleaufkommen aufgrund der Anzahl der Tiere. Die industriellen Viehzuchtbetriebe durchbrachen die Möglichkeit, tierische Fäkalien einfach auf den Ackerböden, den Wiesen und Feldern abzusetzen. Bei normalen Mengen werden die Nährstoffe vollständig durch die Pflanzen aufgenommen. Bei übermäßigem Düngen werden lösliche, überflüssige Stoffe wie Nitrat ausgespült und gelangen ins Grundwasser und in die Gewässer. Die Gewässer drohen umzukippen. Gülle, aber auch Festmist bedürfen aus ökologischen und rechtlichen Gründen einer längeren Zwischenlagerung; teils werden sie sogar zu entfernten Entsorgungsstellen transportiert. Strenge Gesetze, aufwendige Aufsicht und hohe Kosten sind die Folge der sogenannten “Überhangsgülle”.
Die PYREG GmbH in 56281 Dörth Nordrhein-Westfalen hat einen Trockner konstruiert, der die thermische Energie aus der Karbonisierung mit einem Reaktor zur Trocknung der Wirtschaftsdünger nutzen kann. Das erfolgreiche Projekt ist Teil der technischen Möglichkeiten, Überhanggülle zu nutzen.
Die Köhlerhütte als moderne Maschine – Techniken aus dem Mittelalter ins 21. Jahrhundert transferiert??
Karbonisierung – die Konversion von natürlichem Material zu Pflanzenkohle, Futterkohle oder Aktivkohle – ist ein seit vielen Jahrhunderten bekannter Prozess. Dabei wird aus organischen Rohstoffen wie Gülle hochwertige Pflanzenkohle oder Aktivkohle beziehungsweise aus Klärschlamm regenerativer Phosphordünger gewonnen. Im Gegensatz zu vielen anderen Technologien wird die Biomasse vollständig zu neuen Wertstoffen veredelt. Das heißt, mit diesem Verfahren ist eine große Zahl an unterschiedlichsten Biomassen wie Grünschnitt, Nussschalen oder Klärschlamm zu 100 Prozent recyclingfähig. Es bleiben damit keine Reststoffe übrig, die anschließend teuer entsorgt oder deponiert werden müssen. Ein wahrhaft geschlossener Kreislauf. Zudem arbeitet die Anlage äußerst energieeffizient: Die beim Verfahren entstehende Energie genügt der Anlage nicht nur für ihren eigenen Betrieb. Die überschüssige Wärme kann ebenfalls genutzt und beispielsweise in ein Nahwärmenetz eingespeist oder im Fall von Klärschlamm für die vorgeschaltete Trocknung eingesetzt werden. Kontrolliert und evaluiert wird das Projekt von der Hochschule Geisenheim in Geisenheim/Hessen (geleitet von Prof. Dr. Hans Reiner Schultz). Diese Hochschule verfügt über besondere Kompetenzen im Weinanbau und Bodenschutz. Die Massentierhaltung mit riesigem Gülleaufkommen hat ungeahnte Nachteile. So führt die Möglichkeit der Massentierhaltung mittels komplexer Ver- und Entsorgung zu effektiver und kostengünstiger Produktion von Nahrungsmitteln. Hierfür kommen technische Innovationen ins Spiel wie die Karbonisierung und damit die Schaffung von lagerfähigem und transportfähigem Dünger. Nur wer die Abfälle und Abwässer entsorgen kann, darf verantwortlich die Landwirtschaft weiterbetreiben.
Die Verbesserung der Welt gelingt durch intelligente Nutzung von Technik und Technologien. Das Beispiel der weltweit größten Indoor-Farm, die in den Vereinigten Staaten von dem Unternehmen AeroFarms in Newark, New Jersey, betrieben wird, ist ein herausragendes Beispiel für die Nutzung ingenieurtechnischer Methoden zur Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln. Ähnlich ist die MABEWO AG Versuchsanlage im schwäbischen Bubesheim bei Günzburg in Deutschland aufgebaut. “Die Nachfrage nach ganzjährigem, lokalem Gemüse ist in der Region gegeben. Ziel ist, mit dem GREEN-DOME zeitnah Salate, Gemüse und Kräuter in der Region für die Region zu produzieren. Die Projektentwicklung des Prototyps startete im Mai 2020 mit der “Food & Energy Campus Groß-Gerau GmbH”, und die Inbetriebnahme ist ab Frühjahr 2021 geplant”, erläutert Jörg Trübl. Die Spannweite des Green-Domes beträgt 26 Meter, die Länge 6 Meter. In der Mitte befindet sich ein ca. 2 Meter breiter Verbindungsgang. Die Produktionsmodule mit einer Länge von 12 Metern und 2 Metern Breite sind jeweils in sich autark und verfügen über eine eigene Wasserversorgung sowie ein dezentrales Temperatur- und Luftmanagement. In den Prototypen werden die verschiedenen technologischen Lösungen für den Anbau unterschiedlichster Pflanzen demonstriert.
Das In-Door-Farming-System der AeroFarms lässt das angebaute Gemüse auf einem Substrat aus recycelten Plastikflaschen wachsen. Die Wurzeln werden von unten mit Wasser besprüht, wodurch nur 1/20 der üblichen Wassermenge benötigt wird. Durch die Indoor-Methode sind keine Pestizide notwendig. Nährstoffe und Düngemittel werden in optimierter Form zur Pflanze geführt. Die Beleuchtung liefert genau die Wellenlänge, die das Gemüse benötigt. Das Unternehmen AeroFarms weist aus, dass seine Erträge 390-mal so hoch seien wie die Landwirtschaft auf den Feldern. MABEWO AG Gründer und CEO Trübl: “Ähnliches schafft die MABEWO, denn unsere Solar-Dome-Anlage funktioniert technologisch ähnlich. Beim Indoor-Farming können wir bei ähnlicher Effizienz die Vorteile der Modultechnologie nutzen. Nahrungsmittel können vor Ort ökonomisch und ökologisch produziert werden. Der Flächenverbrauch ist minimal. Mittels Aquaponik-Verfahren werden in unseren Produktionsmodulen Fische gezüchtet, deren Ausscheidungen als Dünger für Pflanzen dienen”, gibt Jörg Trübl zu bedenken. Die Vision der MABEWO verfolgt das Ziel, mit nachhaltigen Konzepten der Kreislaufwirtschaft zu dienen und durch mobile und autarke Indoor-Farming-Anlagen maximale Effizienz bei minimaler Umweltbelastung zu erreichen.