Koalitionsvertrag enttäuscht etwas: gute Ansätze, aber WSM-Branchen zu wenig berücksichtigt
Geringe Berücksichtigung irritiert Unternehmen (Foto WSM Hauptgeschäftsführer Christian Vietmeyer)
Düsseldorf/Hagen, 30. Nov. 2021. “Der Koalitionsvertrag enttäuscht etwas – es gibt gute Ansätze, aber die Mittelstandspolitik ist nur ein Randthema”, bedauert Christian Vietmeyer, Hauptgeschäftsführer des Wirtschaftsverbands Stahl- und Metallverarbeitung (WSM). Der Verband vermisst zudem konkrete Lösungen: etwa zur Transformation hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft und Gesellschaft.
Positiv bewertet der WSM, dass der Koalitionsvertrag die Bedeutung von Industrie und Innovationskraft unterstreicht. Auch dass er sich zum Industriestandort Deutschland bekennt und wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen schaffen will, passt: “Den Klimawandel können wir nur mit der Industrie und ihren technischen Lösungen erfolgreich bekämpfen”, unterstreicht Vietmeyer.
Verfahrensbeschleunigung und Bürokratieabbau begrüßenswert – allerdings wenig Neues
Der Verband begrüßt zudem die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Davon dürfte der Mittelstand profitieren. Vom Bürokratieabbau ebenfalls – wenngleich der Vertrag hier wenig Neues bringt. Echten Mehrwert bietet die elektronische Lösung der Sozialversicherungsbescheinigung (A1) für Auslandsreisen.
Ein Fortschritt ist auch die Abschaffung der EEG-Umlage, die der unter hohen Energiekosten leidende industrielle Mittelstand seit Jahren fordert. Der Industriestrompreis ist längst nicht mehr wettbewerbsfähig. Die Entlastung von staatlichen Abgaben und Umlagen reicht allerdings nicht: “Leider hat die Politik die Chance verpasst, das Brennstoffemissionshandelsgesetz – dessen CO2-Preis den produzierenden Mittelstand nur in Deutschland besonders belastet – in ein europäisches System zu überführen”, so der WSM-Hauptgeschäftsführer. Nur dadurch gäbe es zumindest in Europa faire Wettbewerbsbedingungen, die das Abwandern der Industrie verhindern.
“Der Koalitionsvertrag lässt hoffen. Aber viele Unternehmen irritiert die geringe Berücksichtigung des industriellen Mittelstands”, lautet das Fazit des WSM. “Wir werden daran arbeiten, dass diese Industrien bei der Umsetzung mehr als ein Randthema sein werden.”
Die Stahl und Metall verarbeitende Industrie in Deutschland, das sind: rund 5.000 vorwiegend familiengeführte Betriebe, die mit über 400.000 Beschäftigten über 80 Milliarden Euro Umsatz im Jahr erwirtschaften. Die Unternehmen beschäftigen im Durchschnitt 100 Mitarbeiter und sind mit Abstand die wichtigsten Kunden der Stahlerzeuger.
Die Branche zeichnet sich durch hohe Spezialisierung und Wettbewerbsintensität aus. Die Unternehmen fertigen für die internationalen Märkte der Automobil-, Elektro- und Bauindustrie, den Maschinenbau und den Handel.
Der WSM ist Dachverband für 14 Fachverbände. Zusammen bündeln sie die Interessen einer der größten mittelständischen Branchen in Deutschland und sind Sprachrohr für deren wirtschaftspolitische Vertretung auf Länder-, Bundes- und europäischer Ebene. Sie suchen den Ausgleich mit marktmächtigen Abnehmern und Lieferanten aus Industrie und Handel. Und sie fordern bessere Rahmenbedingungen für Wachstum, Dynamik und Wettbewerb – ob bei Steuern, Abgaben, Recht, Forschung, Umwelt, Energie oder Technik.